Europa macht Schule – Europa ist bunt
Europa ist bunt und Neues kennenzulernen macht Spaß. Das ABC des Austauschs vermitteln europäische Gaststudierende mit „Europa macht Schule“ in deutschen Klassenzimmern.
„Bordeaux est dans le sud de la France“, trägt die Schülerin in tadellosem Französisch vor. „Bordeaux est la neuvième ville du pays.“ Gemeinsam mit ihren beiden Mitstreiterinnen hat sie ein grünes Poster gebastelt und darauf eine Landkarte, das Wappen der Stadt, Bilder einer Bordeaux-Dogge und des typischen Gebäcks Canelés geklebt. Nachdem jedes der Mädchen auf Französisch etwas zu den Sehenswürdigkeiten und Spezialitäten vorgetragen hat, haben sie noch eine Überraschung: Sie teilen selbst gebackene Canelés aus. Dann kommen Straßburg, Marseille und Paris an die Reihe. Zwar ist nicht jede Referatsgruppe so gut vorbereitet, doch Amélie Cerf lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, erzählt zu jeder Stadt etwas und stellt Fragen: Wie heißt die große Kirche in Lyon? Was gibt es alles auf den Champs-Élysées? Und: Wohin würdet ihr am liebsten reisen? Anton will nach Paris, weil es da viel zu sehen gibt, Abdullah lieber nach Straßburg, um das Europäische Parlament zu besuchen.
Die 22-jährige Französin Amélie Cerf ist Teilnehmerin des Programms „Europa macht Schule“ für europäische Gaststudierende in Deutschland. Als junge Europa-Botschafter bringen sie die europäische Idee ins Klassenzimmer und deutschen Schülern die Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit ihren europäischen Nachbarn näher. Den Inhalt der Projektstunden bestimmen die Studierenden gemeinsam mit dem betreuenden Lehrer je nach Alter der Schüler, ihren Sprachkenntnissen und den Vorgaben des Lehrplans. Gefragt sind Kreativität und ein origineller Unterricht. In elf Jahren haben so bisher schon gut 1.700 europäische Studierende 40.000 Schülerinnen und Schülern einen lebendigen Eindruck von der Vielfalt Europas vermittelt. Finanziell gefördert wird „Europa macht Schule“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Koordination des Programms liegt beim DAAD.
„Am Anfang wollte ich französische Lieder mit den Schülern einüben“, erzählt Amélie. „Aber Frau Vossius meinte, das sei noch zu schwer.“ Schließlich lernen die Schüler der 7. Klasse am Gymnasium in München erst im zweiten Jahr Französisch. Sie entschied sich daher für die Tour de France, zeigte ein Video und die Schüler bereiteten Referate über die wichtigsten Städte vor, durch die das Radrennen führt. „Ich möchte ihnen die französische Kultur näherbringen und zeigen, wie vielfältig Frankreich ist“, erklärt die Studentin, die ein Austauschsemester an der Ludwig-Maximilians-Universität München macht. Später möchte sie Französischlehrerin werden. Die Idee hinter „Europa macht Schule“ gefällt ihr gut: „Der Austausch zwischen Deutschland und Frankreich ist sehr wichtig“, sagt sie. „Ich möchte zeigen, dass Frankreich viel mehr ist als das Klischee. Ich lerne aber auch viel, sogar über meine eigene Sprache.“
Nach den Kurzreferaten teilt Amélie Rezepte aus. Paris-Brest, Financiers, Bugnes – französisches Gebäck, das die meisten Schüler noch nicht kennen. „Sucht euch ein Rezept aus und bringt die Speise zur nächsten Stunde mit“, fordert die Französin auf. „Dann machen wir ein großes Buffet und probieren alles.“ Wem würde dieser Unterricht nicht schmecken? Maja und Franziska entscheiden sich für Financier, einen kleinen Kuchen mit Mandelpulver, Anica und Paula für den Hefeteigkrapfen Bugnes und Abdullah und Van-Mingh wollen Paris-Brest zubereiten, einen mit Creme gefüllten Ring aus Windbeutelteig. Aber erst einmal werden die Vokabeln besprochen. Amélie fragt die Schüler nach Zutaten und schreibt sie auf Zuruf an die Tafel: le lait, le beurre, la farine. Dann kommen die Küchenutensilien, schließlich die Verben. Die Schüler sind ganz bei der Sache und die Tafel ist schnell vollgeschrieben. Lehrerin Ilse Vossius staunt, dass selbst recht stille Schüler eifrig mitmachen. „Amélie macht das sehr gut“, lobt sie. „Sie ist engagiert und geht auf die Schüler ein.“ In einer so positiven Atmosphäre falle es den Schülern viel leichter, Französisch zu sprechen. Und fast nebenbei vermittelt Amélie auch Begeisterung für Europa und den Austausch.
© Bärbel Schwertfeger/Societäts-Medien, LETTER, Ausgabe 02/2017
Dieser Artikel erschien im Original im Magazin für DAAD-Alumni LETTER 02/2017. Wir danken für die Genehmigung, den Text auf unserer Website zu veröffentlichen.
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